Wann besteht Testierunfähigkeit?
Eine fehlende Testierfähigkeit ist immer dann gegeben, wenn eine Person unter einer krankhaften, psychischen Störung, Geistesschwäche oder Bewusstseinsstörung leidet. Dabei kann diese Person dann die Auswirkungen eines Testamentes nicht erfassen und nach dieser Einsicht handeln. Deshalb wird daraus geschlossen, dass eine freie Willensbildung aufgrund der Krankheit nicht möglich ist. Für den Fall jedoch, dass ein Testament vor Auftreten der Krankheit erstellt wurde, ist es weiterhin gültig. Allerdings kann der Verfasser dann keine rechtswirksame Änderungen daran mehr vornehmen.
Hiervon zu unterscheiden ist die faktische Testierunfähigkeit, wenn Personen weder schreiben, noch lesen, noch sprechen können. Hierbei geht das Gesetz, dass die betreffende Person einen letzten Willen nicht selbstständig verfassen kann und auch die Konsequenzen nicht einschätzen kann. Jedoch ist hierbei immer auf den Einzelfall abzustellen und eine pauschale Einordnung als testierunfähige Person ist nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts verfassungswidrig. Für den Fall, dass eine Person sich z. B. durch Gebärdensprache verständlich machen kann, kann sie auch testierfähig sein.
Klärfälle der Testierfähigkeit
In der Praxis besonders häufig thematisiert wird die Testierfähigkeit bei betreuten Personen, bei Demenz und auch bei psychischen Störungen. Jedoch ist hier auch immer auf den Einzelfall abzustellen um eine Testierfähigkeit annehmen zu können oder auch eben nicht.
Testierfähigkeit bei Demenz
Da heute Personen oft ein sehr hohes Alter erreichen und viele Personen erst gegen Lebensende ein Testament aufsetzen, stellt sich bei vielen Erbfällen die Frage, ob die Testierfähigkeit eines Erblassers evtl. aufgrund einer Demenz eingeschränkt ist. Dabei zeigen die Erfahrungen mit Demenzerkrankungen und deren Auswirkung auf die allgemeine geistige Leistungsfähigkeit gezeigt, dass die Testierfähigkeit eines Betroffenen nur durch das Gesamtverhalten und die Persönlichkeit des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserstellung beurteilt werden kann.
Hierbei muss die Auswirkung der Demenz auf die Testierfähigkeit in zwei Schritten geklärt werden. Dabei muss zunächst die Erkrankung medizinisch diagnostiziert werden, die zu einer Testierunfähigkeit führen kann. Danach ist dann zu klären, ob diese Erkrankung die geistigen Fähigkeiten des Betroffenen zu einem Zeitpunkt der Testamentserstellung so stark beeinträchtigt hat, dass eine Testierfähigkeit nicht mehr angenommen werden kann. Dabei kann diese Auswirkung auf die Testierfähigkeit nur durch die Prüfung äußerer Merkmale zum Zeitpunkt der Errichtung einer letztwilligen Verfügung festgestellt werden. Dabei werden regelmäßig folgende Kriterien herangezogen:
- Zeitliche und räumliche Orientierung des Betroffenen
- Ausgeglichene Stimmungslage des Betroffenen
- Selbstbestimmte Ausübung geistiger und körperlicher Aktivitäten
- Gestaltung zwischenmenschlicher Kontakte
- Selbstversorgung des Betroffenen (Nahrung, Hygiene etc.)
- Gestaltung des eigenen Wohnraums des Betroffenen
Demente Personen können jedoch lichte Momente haben in denen sie vorübergehend die geistige Fähigkeit besitzen, sich ein klares Urteil über ihren Nachlass zu bilden. Deshalb gelten sie in dieser Zeit auch als gelten testierfähig. Für den Fall, dass ein Erbe den letzten Willen eines Betroffenen anfechtet, wird zunächst trotz einer Demenz von der Testierfähigkeit des Erblassers ausgegangen. Dabei muss der Erbe dann vor Gericht die Beweise für die Testierunfähigkeit erbringen. Hierbei müssen die Beweise belegen, dass der Erblasser bei der Testamentserstellung kein klares Urteil über den Testamentsinhalt treffen konnte.