Juristische Abgrenzung zu Erbnehmern
Durch ein Vermächtnis erfolgt keine Erbeinsetzung, was insbesondere in juristischer Hinsicht von zentraler Bedeutung ist. Deshalb wird der Vermächtnisnehmer auch nicht an der Erbschaft beteiligt und wird auch nicht zum Miterben einer Erbengemeinschaft. Jedoch kann er trotzdem im Zuge des Nachlassverfahrens Rechte an den vermachten Gegenständen geltend machen, da der Verstorbene dem Vermächtnisnehmer durch das Vermächtnis einen gewissen Vermögensvorteil vermacht.
Hingegen wird ein Erbe, mit allen Vor- und Nachteilen, mit dem Erbfall unmittelbar und kraft Gesetz Rechtsnachfolger des Verstorbenen. Dabei wird er im Erbfall Eigentümer aller Nachlassgegenstände und kann unmittelbar auf die Erbmasse zugreifen. Jedoch hat sich der Erbe auch um evtl. Nachlassverbindlichkeiten zu kümmern und Schulden, die mit der Erbschaft in Verbindung stehen, zu übernehmen. Zudem sieht das Erbrecht vor, das ein Erbe durch das sogenannte Vorausvermächtnis zusätzlich zu seinem Erbteil bevorzugt behandelt werden kann, indem er einen bestimmten Gegenstand aus der Erbmasse erhält.
Rechte und Pflichten eines Vermächtnisnehmers
Da der Vermächtnisnehmer von Gesetzes wegen nicht als Erbe gilt, haftet er im Rahmen des Nachlasses also nicht für Verbindlichkeiten. Deshalb ist er stets begünstigt, da diese Haftung nur für Erben besteht. Dabei geht ein Vermächtnisnehmer also keine Verpflichtungen ein, verfügt jedoch über gewisse Rechte. Hierbei hat der Erblasser den Begünstigten durch das Vermächtnis mit einem juristischen Anspruch ausgestattet, den er innerhalb von drei Jahren nachdem er hiervon Kenntnis erlangt hat, geltend machen kann. Deshalb kann der Vermächtnisnehmer die Herausgabe des jeweiligen Vermögensvorteils von den Erben verlangen und notfalls auch gerichtlich einfordern.
Annahme und Ausschlagung des Vermächtnisses
Ein Vermächtnisnehmer ist nicht dazu verpflichtet, den vermachten Gegenstand anzunehmen und kann demnach frei entscheiden, dies eventuell auch auszuschlagen. Allerdings ist im Erbrecht jedoch juristisch verankert, dass eine Annahme nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, sodass ein einmal aufgenommenes Vermächtnis nicht mehr ausgeschlagen werden kann. Hierbei fällt das Vermächtnis gemeinsam mit dem Erbfall an, doch durch bestimmte Bedingungen kann der Erblasser den Anfall des Vermächtnisses hinauszögern.
Wann sollte eine Ausschlagung des Vermächtnisses in Betracht gezogen werden?
Da ein Vermächtnisnehmer nicht erbt und somit auch nicht für etwaige Erblasserschulden oder Nachlassverbindlichkeiten aufkommen muss, scheint eine Ausschlagung eines Vermächtnisses vordergründig recht unsinnig, da dieses ja lediglich mit einem Vermögensvorteil einhergeht.
Jedoch kann eine Ausschlagung trotzdem sinnvoll sein und sollte daher ebenfalls in Betracht gezogen werden, da der Vermächtnisnehmer unter Umständen die Verbindlichkeiten übernehmen muss, die im direkten Zusammenhang mit dem vermachten Gegenstand oder Vermögenswert stehen. Für den Fall, dass der Erblasser der betreffenden Person z. B. eine Immobilie vermacht, gehen etwaige Hypotheken oder Grundschulden auf den Begünstigten über.
Der Vermächtnisnehmer und das Pflichtteilsrecht
Das in Deutschland geltende Pflichtteilsrecht kann sich durchaus negativ für einen durch ein Vermächtnis Begünstigten auswirken. Für den Fall, dass das Vermögen des Verstorbenen im Wesentlichen aus einem Vermögenswert besteht, der nun zentraler Bestandteil eines Vermächtnisses ist, kann das Vermächtnis für unwirksam erklärt werden. Dabei kann dies dann erklärt werden, wenn der Pflichtteil eines Erben durch das Vermächtnis unterschritten wird. Hierbei hat der betreffende Erbe dann die Möglichkeit, einen Pflichtteilsergänzungsanspruch dem Vermächtnisnehmer gegenüber geltend zu machen.
Deshalb ist es nicht immer zwingend sinnvoll, ein Vermächtnis anzunehmen. Hierbei sollte sich der Begünstigte diese Entscheidung reiflich überlegen und die individuell Sachlage mit einem Anwalt für Erbrecht besprechen. Dabei kann sich der durch ein Vermächtnis Begünstigte in Einzelfällen viel Ärger und Unannehmlichkeiten ersparen.