Die Abgrenzung des gesetzlichen Erbteils zum Pflichtteil am Erbe
Auch wenn eine deutscher Erblasser durch die gesetzlich garantierte Testierfreiheit frei entscheiden kann, wem er was von seinem Erbe zukommen lassen kann, muss er bei der Verteilung seines Nachlasses trotzdem gewisse Einschränkungen hinnehmen. Für den Fall, das er ein Testament oder einen Erbvertrag verfasst und damit die Erbteile für seine Verwandten definiert, muss er trotzdem die gesetzlich definierten Pflichtteile berücksichtigen, durch die nahe Verwandte von einem kompletten Ausschluss von seinem Erbe geschützt sind.
Wird also eine nahestehende Person z. B. durch ein Testament enterbt, kann die betreffende Person trotzdem den Anspruch auf einen gesetzlichen Pflichtteil am Erbe geltend machen. Dabei will der Gesetzgeber verhindern, dass durch derartige Verfügungen des Erblassers nahe Verwandte von der Erbschaft vollständig ausgeschlossen werden. Hierbei haben alle Personen einen Anspruch auf einen Pflichtteil, die nach der gesetzlichen Erbfolge auch einen Anspruch auf einen Erbanteil hätten. Dabei besteht der pflichtteilsberechtigte Personenkreis zunächst aus den Kindern des Erblassers und dem überlebenden Ehepartner bzw. auch einem eingetragenen Lebenspartner.
Ferner können auch die Eltern des Verstorbenen, sowie entferntere Verwandte, wie z.B. Enkel oder Urenkel nur dann einen Anspruch auf einen Pflichtteil geltend machen, wenn sie nicht durch das Ordnungssystem der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen werden. Generell beläuft sich der Pflichtteil stets auf die Hälfte des Erbteils, der dem betreffenden Erben von Gesetzes wegen zugestanden hätte. Dabei bewahrt das deutsche Erbrecht durch den Pflichtteilsanspruch zwar die nächsten Verwandten des Erblassers vor einem kompletten Ausschluss von der Erbschaft, es kann aber nicht verhindern, dass sich eine Enterbung negativ für den Erben auswirkt.
Kann ein Pflichtteil trotz einem Erbteil noch relevant sein?
Normalerweise schließt ein Erbteil zusätzliche Pflichtteilsansprüche aus. Dabei hat das deutsche Erbrecht den Pflichtteil als Erbteil für diejenigen vorgesehen, die durch ein Testament enterbt wurden und zu den pflichtteilsberechtigten Personen gehören. Jedoch versuchen einige Erblasser diese gesetzliche Regelung zu umgehen, indem sie diese Erben mit einem sehr geringen Erbteil in einem Testament oder Erbvertrag berücksichtigen. Dadurch erhält der Erbe nur einen sehr geringen Erbteil, es findet jedoch auch keine Enterbung statt und damit entsteht auch kein Pflichtteilsanspruch.
Um solchen Fällen vorzubeugen, sind im deutschen Erbrecht Vorkehrungen getroffen worden, die für diese Fälle einen Pflichtteilergänzungsanspruch vorgesehen. Für den Fall, dass der Erbteil also geringer als der gesetzlich garantierte Pflichtteil ausfällt, hat der entsprechende Erbe einen sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruch der eben diese Differenz zwischen dem zugedachten Erbteil und dem garantierten Pflichtteil ausgleicht. Damit wird sichergestellt, dass ein Erbe nicht mit einem zu geringen Erbanteil abgespeist wird.
Unterschied zwischen gesetzlichen Erbteil und Pflichtteil
Der wesentliche Unterschied zwischen einem gesetzlichen Erbteil und einem gesetzlichen Pflichtteil besteht neben den Entscheidungen eines Erblassers immer in der Höhe des Anspruchs. Dabei besteht die Höhe eines gesetzlichen Pflichtteils immer aus der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Ferner gibt es weiterhin einen entscheidenden Unterschied. Für den Fall, dass ein Angehöriger seinen gesetzlichen Erbanteil aus einem Nachlass erhält, so ist er unmittelbar ein rechtmäßiger Erbe. Dabei geht dann der Nachlass des Erblassers entsprechend seinem gesetzlichen Erbteil direkt auf den Erben über.
Im Gegensatz dazu ist der gesetzliche Pflichtteil nur ein Zahlungsanspruch, den der Pflichtteilsberechtigte gegenüber den rechtmäßigen Erben geltend machen muss. Dabei hat er jedoch keinen Anspruch auf bestimmte Nachlassgegenstände und sein Anspruch ist ein reiner Zahlungsanspruch gegenüber den Erben.