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Nachlassinsolvenz – Rechtslage, Definition & mehr

Nach dem deutschen Erbrecht geht in einem Erbfall der Nachlass eines Erblassers auf seine Erben über. Neben den Vermögenswerten gehören dabei auch offene Verbindlichkeiten des Erblassers zur Erbmasse. Für den Fall, dass der der Nachlass überschuldet ist, kann dadurch auch das Privatvermögen der Erben angegriffen werden, da diese für die Schulden haften, wenn sie die Erbschaft annehmen. Deshalb können die Erben zu ihrem Schutz in einem solchen Falle eine Nachlassinsolvenz beantragen. In diesem Beitrag wollen wir Ihnen alles Wissenswerte zur Nachlassinsolvenz darstellen und dabei auch auf den Ablauf und die Voraussetzungen für diese eingehen.
Inhaltsverzeichnis

Rechtslage & Definition der Nachlassinsolvenz

In einem Erbfall sollen nach dem deutschen Erbrecht die Erben nicht benachteiligt werden und auch nicht letztendlich sogar noch für die Versäumnisse des Erblassers einstehen müssen.

Für den Fall, dass ein Erblasser z. B. Kredite oder auch andere Schulden hinterlassen hat, können die Erben des Nachlasses sich und ihr Eigenes Vermögen vor einem Gläubigerzugriff schützen. Dabei muss zunächst ein Antrag auf Nachlassinsolvenz beim zuständigen Insolvenzgericht gestellt werden gemäß §§ 317 bis 319 Insolvenzordnung (InsO). 

Außerdem sind Miterben sogar nach § 1980 BGB dazu verpflichtet, einen derartigen Antrag zu stellen, wenn sie feststellen, dass eine Zahlungsunfähigkeit in Bezug auf den Nachlasses möglich oder wahrscheinlich ist. Hierbei kann ein solcher Antrag auf Nachlassinsolvenz bei einer Erbengemeinschaft auch nur von einem einzelnen Miterben erfolgen.

Wird ein Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet, bleibt das Eigenvermögen der Erben unberücksichtigt und es kann ausschließlich der Nachlass selbst für die Tilgung der Verbindlichkeiten und Schulden eingesetzt werden. Für den Fall, dass Erben keinen entsprechenden Antrag stellen, haften sie im Zweifelsfall auch mit ihrem Privatvermögen für die Nachlassverbindlichkeiten und Schulden. Auch bei einer Nachlassinsolvenz tritt jeder Miterbe zwar als Insolvenzschuldner ein, jedoch haftet er gegenüber den Gläubigern nur mit dem eigenen Anteil am Nachlass, jedoch nicht mit seinem selbst erwirtschafteten Privatvermögen.

Beachten Sie ...

Durch die Nachlassinsolvenz wird eine strenge Trennung der Vermögen erreicht und es wird das Privatvermögen des Erben vor Eintritt des Erbfalls strikt vom ererbten Nachlassvermögen getrennt. Dabei können Nachlassgläubiger dann auch nur aus dem vorhandenen Nachlass bedient werden und das Eigenvermögen der Erben bleibt in jedem Fall unangetastet um Schulden zu begleichen.

Eröffnungsgründe für eine Nachlassinsolvenz

Das Gesetz in Deutschland sieht insgesamt drei Gründe für die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens vor:

  • Überschuldung,
  • Zahlungsunfähigkeit und
  • drohende Zahlungsunfähigkeit.

Dabei führt die drohende Zahlungsunfähigkeit noch nicht zu einer Antragspflicht, ein Nachlassinsolvenzverfahren einzuleiten. Vielmehr kommt es in diesem Fall auch auf die Liquidität des Nachlasses an und nicht auf die Möglichkeiten des Erben. Generell werden bei einer Überschuldung zunächst die sogenannten Masseverbindlichkeiten berücksichtigt. Dabei beinhalten diese z.B. die Beerdigungskosten oder die Verbindlichkeiten, die aus einer Testamentsvollstreckung entstanden sind. Ferner werden auch andere Verbindlichkeiten, wie z. B. Auflagen, Pflichtteilsansprüche oder Vermächtnisse hierbei berücksichtigt.

Welche Fristen sind einzuhalten?

In Bezug auf Anträge werden in Gesetzen und Verordnungen zumeist feste Fristen festgelegt, die ein Antragsteller beachten muss. Jedoch ist dies für die Nachlassinsolvenz nicht konkret geregelt. Hierbei bestimmt der § 1980 Abs. 1 BGB lediglich, dass ein entsprechender Erbe den Antrag „unverzüglich“ nach der Kenntnis von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu stellen hat.Für den Fall, dass ein Erbe durch eigene Versäumnisse dieses Verfahren nicht rechtzeitig eingeleitet hat, kann er ggf. auch von Nachlassgläubigern dafür dann haftbar gemacht werden gemäß § 1980 Abs. 2 BGB.

Antragstellung | Wer ist antragsberechtigt?

Grundsätzlich kann jeder Erbe eine Einleitung eines Nachlassinsolvenzverfahrens beantragen, ebenso ein Nachlassverwalter, ein Nachlasspfleger oder auch ein Verwaltungstestamentsvollstrecker. Außerdem sind auch Nachlassgläubiger antragsberechtigt, wobei diese eine Frist von zwei Jahren nach der Annahme einer Erbschaft beachten müssen. Für den Fall dass eine Erbengemeinschaft besteht, kann jeder einzelne Miterbe den Antrag stellen. Falls eine Vor-und Nacherbschaft vorliegt, ist bis zum Eintritt des Nacherbfalls nur der Vorerbe antragsberechtigt, danach eben der Nacherbe.

Die Pflicht zur Antragstellung

Sowohl erben als auch Nachlassverwalter sind verpflichtet, eine Nachlassinsolvenz unverzüglich anzuzeigen, sobald sie Kenntnis von einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Nachlasses haben. Dabei wird übrigens auch eine Unkenntnis, die auf eine Missachtung der eigenen Sorgfaltspflicht zurückzuführen ist, der Kenntnis gleichgestellt. Hierzu gehört auch, wenn ein Erbe z.B. das Aufgebot für die Gläubiger nicht bestellt, obwohl er annehmen muss, dass noch offene Schulden des Nachlasses bestehen.

Dabei ist dieses Aufgebot für die Erben die Möglichkeit, beim zuständigen Insolvenzgericht zu beantragen, dass die Nachlassgläubiger ihre Forderungen anmelden können. Hierbei beträgt die Frist für das Aufgebot maximal 6 Monate und Gläubiger, die sich erst nach dieser Frist melden, werden dann ausgeschlossen. Diese werden dann nur noch bedient, wenn nach einer Befriedigung der nicht ausgeschlossenen Gläubiger noch Vermögen aus dem Nachlass zur Verfügung steht. Für den Fall, dass ein Erbe seiner Pflicht zur Beantragung des Aufgebotes nicht nachkommt, so ist er ggf. den Gläubigern für den daraus entstehenden Schaden schadenersatzpflichtig.

Hingegen kann ein Antrag auf die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens auch abgelehnt werden, wenn zu wenig Erbmasse vorhanden ist, um die Verfahrenskosten zu decken. Allerdings besteht auch die Möglichkeit, einen Kostenvorschuss zu leisten, der dann die gesamten Aufwendungen des Verfahrens abdeckt.

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Kosten der Nachlassinsolvenz

Auch bei einer Nachlassinsolvenz entstehen Aufwendungen, die man in die Verwaltungskosten für das Insolvenzgericht, evtl. Gutachterkosten, Aufwendungen für einen Gläubigerausschuss und die für einen Nachlassverwalter unterteilt. Dabei bestimmen sich die Aufwendungen für das Insolvenzgericht nach dem deutschen Gerichtskostengesetz (GKG).

Ein Gutachter ist nicht in jedem Fall zwingend, er kann jedoch z.B. bestellt werden, um zu überprüfen, ob ein Nachlass grundsätzlich eröffnungsfähig ist. Hierbei werden die Aufwendungen in der Regel nach Stundensätzen berechnet, die sich wiederum nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) richten.

Die größte Position unter den Kosten ergibt sich jedoch aus der Vergütung des Nachlassinsolvenzverwalters, die nach der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung (InsVV) bemessen wird und schon bei kleineren Nachlässen einige tausend Euro betragen kann. Generell sind bei einem Nachlassinsolvenzverfahren die Kosten immer recht hoch. Für den Fall, dass man die Kosten einer Nachlassinsolvenz vermeiden will, kann man alternativ auch auch das Erbe ausschlagen. Falls man jedoch schon das Erbe angenommen hat, so kann dies nach dem deutschen Erbrecht nicht mehr rückgängig gemacht werden und muss doch den Weg des Nachlassinsolvenzverfahrens gehen, wenn dann später eine Überschuldung festgestellt wird.

Rechtliche Folgen eines Nachlassinsolvenz­verfahrens

Wenn ein Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet wird, wird dadurch der Nachlass automatisch beschlagnahmt. Damit verlieren also die Erben ihre Verfügungsbefugnis über den Nachlass, die dann auf die Insolvenzverwaltung übergeht. Außerdem ist die Haftung des Erbens mit der Eröffnung des Verfahrens auf den Nachlass beschränkt und eine evtl. Verbindung zwischen dem eigenen vermögen der Erben und dem Nachlass wird dadurch beseitigt.

Auch für den Fall, dass ein Erbe als Beklagter oder Kläger in einen Prozess involviert ist, der den Nachlass betrifft, kann dieses Verfahren unterbrochen werden und vom Nachlassinsolvenzverwalter weitergeführt werden. Ferner müssen auch die Gläubiger des Nachlasses ihre Forderungen beim Nachlassinsolvenzverwalter anmelden. Dabei sind dann auch Klagen gegen den Nachlass und eine Vollstreckung in den Nachlass hinein nicht zulässig. Auch bei den Gläubigern gibt es Rangordnungen und nachrangige Gläubiger einer Nachlassinsolvenz können nur nach einer gesonderten Aufforderung durch das Insolvenzgericht ihre Forderungen anmelden. Hierbei führt eine weitere Anmeldung von Forderungen immer auch zu einer Hemmung der Verjährungsfrist.

Wie ist der Ablauf bei der Nachlassinsolvenz?

Wenn der Antrag für eine Nachlassinsolvenz beim entsprechenden Insolvenzgericht eingegangen ist, wird zunächst ein Nachlassinsolvenzverwalter eingesetzt. Dabei ist dieser dann beauftragt, das gesamte Vermögen eines Nachlasses zu erfassen in einem Nachlassverzeichnis und auch zu verwalten. Hierbei muss er auch Vermögenswerte oder Gegenstände ermitteln, die nicht zum Eigentum des Erblassers gehören und diese dann an die rechtmäßigen Eigentümer zurückgeben.

Generell muss ein Nachlassinsolvenzverwalter zunächst einmal das private Vermögen der Erben von der Erbmasse des Erblassers trennen. Außerdem ist der Verwalter auch befugt, evtl. rechtswirksame Geschäfte der Erben, die nach einem Erbfall stattgefunden haben, anzufechten. Hierbei kann es sich z.B.um eine Weiterschenkung von Nachlassgegenständen handeln. Ferner nimmt der Verwalter auch die Forderungen der Nachlassgläubiger dann entgegen.

Wenn der Insolvenzverwalter die liquiden Mittel aus einem Nachlass dann an die Gläubiger verteilt hat, endet das Nachlassinsolvenzverfahren. Für den Fall, dass keine Erbmasse vorhanden ist, um die Kosten des Verfahrens zu decken, endet das Verfahren bereits dann. Außerdem ist ein Erbe auch selbst befugt, das Verfahren einzustellen zu lassen, wenn er die Zustimmung der Gläubiger erhält gemäß § 213 InsO. Grundsätzlich wird eine endgültige Aufhebung des Verfahrens oder Beendigung immer zuletzt durch das entsprechende Nachlass Insolvenzgericht bestätigt.

Anfechtung eines Nachlassinsolvenz­verfahrens

Generell sind Vermögensgegenstände, die ein Erblasser vor seinem Tod und zum Zeitpunkt der Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens bereits veräußert hatte, nicht Gegenstand der Masse einer Nachlassinsolvenz. Damit ein Erblasser jedoch nicht vor seinem Ableben oder ein Erbe direkt nach Eintritt des Erbfalls noch kurzfristig Vermögen umleiten kann oder dafür sorgen kann, dass einzelne Gläubiger sich bei einer Nachlassinsolvenz Eröffnung noch Vorteile verschaffen können, gibt es immer noch die Möglichkeit einer Anfechtung einer Nachlassinsolvenz.

Diese Anfechtung ist immer dann möglich, wenn sowohl ein Erblasser oder auch ein Erbe vor der Eröffnung einer Nachlassinsolvenz noch rechtlich relevante Handlungen vorgenommen haben, die dies beeinflussen können. Ferner müssen auch die Gläubiger in ihrer Mehrheit dabei benachteiligt worden sein. Beispiele hierfür sind z.B. ein Verkauf von Immobilien unter Wert oder Schenkungen. Dabei wird eine Anfechtung von einem Nachlassinsolvenzverwalter erklärt und dieser unterliegt allen Beteiligten gegenüber einer Amtshaftung für schuldhaft verursachte Vermögensschäden. Deshalb muss dieser auch eine Berufshaftpflicht abschließen.

Wie kann ein Anwalt für Erbrecht bei der Nachlassinsolvenz helfen?

Eine Erbschaft ist zumeist für die Erben eine große Herausforderung und oftmals wissen die Hinterbliebenen auch nicht genau, wie dabei vorzugehen ist. Deshalb ist es in solchen Fällen immer wichtig, sich von einem erfahrenen Anwalt für Erbrecht beraten und unterstützen zu lassen. Hierbei kann dieser bereits im Vorfeld helfen, ein Nachlassverzeichnis zu erstellen und sich ein Überblick über die Erbmasse verschaffen. Ferner wird er seine Mandanten natürlich auch dahingehend beraten, ob es ggf. sinnvoll sein könnte, ein Erbe auszuschlagen oder eben alternativ eine Nachlassinsolvenz zu beantragen.

Dabei kann ein Anwalt für Erbrecht auch selbst die Aufgaben des Nachlassinsolvenzverwalters übernehmen und dann die Abwicklungen mit den Gläubigern durchführen. Außerdem steht ein Anwalt seinen Mandanten natürlich auch zur Seite, wenn diese eine Insolvenzanfechtung in Erwägung ziehen und führt diese dann für sie durch. Lassen Sie sich beraten von einem erfahrenen Anwalt für Erbrecht zum Thema Nachlassinsolvenz

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FAQ: Nachlassinsolvenz

Durch die Nachlassinsolvenz wird der Nachlass eines Erblassers von dem privaten Vermögen des Erben getrennt und die Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten auf den Nachlass beschränkt gemäß § 1975 BGB.
Für den Fall, dass nicht ausreichend finanzielle Mittel vorhanden sind, die eine Deckung der Kosten für die Nachlassverwaltung ermöglichen, kann die Anordnung der Nachlassverwaltung (§ 1981 BGB) für die Nachlassinsolvenz mangels Masse abgelehnt werden (§ 1982 BGB).
Bei der Nachlassinsolvenz werden Beerdigungskosten als Masseverbindlichkeiten gemäß § 324 Insolvenzordnung (InsO) eingeschlossen. Dies betrifft, ebenso wie die gemäß Erbrecht vorgesehene Pflicht der Erben, die Kosten der Beerdigung zu tragen, nur standesgemäße Begräbnisse.
Der Antrag auf Nachlassinsolvenz ist spätestens zwei Jahre nach Annahme der Erbschaft zu stellen (siehe § 319 InsO). Grundsätzlich ist der Antrag aber schnellstmöglich zu stellen, wenn es Anzeichen gibt, dass der Nachlass überschuldet sein könnte (siehe auch § 1980 Abs. 1 BGB).
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Ein Beitrag unserer juristischen Redaktion

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