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Nießbrauch oder Wohnrecht – welche Lösung ist vorteilhafter?

Nießbrauch oder Wohnrecht – welche Lösung ist vorteilhafter? Eine Schenkung von Immobilien zu Lebzeiten wird zumeist aus steuerlichen Gründen vorgenommen. Dabei will sich der Schenkende jedoch oft mit einem lebenslangen Wohnrecht oder Nießbrauch für die eigene Zukunft absichern. In diesem Beitrag wollen wir Ihnen aufzeigen, welchen Unterschied und welche Vor- und Nachteile Wohnrecht und Nießbrauch bei einer Schenkung haben und was es bei der Entscheidung für eine Option zu beachten gilt.
Inhaltsverzeichnis

Rechtliches zum Unterschied zwischen Nießbrauch und Wohnrecht

Insbesondere ein Haus oder eine Wohnung werden in Familien schon zu Lebzeiten an die nachfolgende Generation verschenkt, um Freibeträge nutzen zu können und Erbschaftssteuer zu sparen. Dabei erhält sich der Schenkende häufig das Haus oder die Immobilie mit einem Nießbrauch oder Wohnrecht, um sie bis zum Lebensende noch nutzen zu können oder darin wohnen zu bleiben.

Jedoch haben Wohnrecht und Nießbrauch eine unterschiedliche rechtliche Natur und Wirkungen, die im Folgenden aufgezeigt werden sollen.

Hierbei gilt für ein Wohnrecht immer, dass es nur vom Begünstigten selbst ausgeübt werden kann. Dabei kann dieses als lebenslanges Wohnrecht gemäß § 1090 und 1093 BGB vereinbart werden. Das Wohnrecht muss ins Grundbuch eingetragen werden und würde dann auch beim Haus verkaufen durch den Beschenkten in vollem Umfang bestehen. Somit müsste ein Käufer der Immobilie beim verkaufen also die Eintragung im Grundbuch akzeptieren und ein Eigentümerwechsel hätte somit keinen Einfluss auf das Wohnrecht und das wohnen in der Immobilie.

Umfangreichere Rechte im Unterschied dazu räumt der Nießbrauch nach § 1068 BGB einer Person ein, da dieser nicht nur ein lebenslanges Wohnrecht einräumt, sondern darüber hinaus noch den sogenannten „Nutznieß“, der auch ins Grundbuch eingetragen wird. Beim Nießbrauch steht der begünstigten Person im Unterschied zum Wohnrecht auch die wirtschaftliche Nutzung der Sache zu, wie z. B. bei einer Wohnung , diese als Nießbraucher zu vermieten oder zu verpachten. Die erzielten Einkünfte hieraus darf er behalten. Allerdings wird die begünstigte Person durch den im Grundbuch eingetragenen Nießbrauch nicht zum Eigentümer und kann deshalb die Immobilie auch nicht verkaufen oder vererben.

Für den Fall, dass ein Eigentümerwechsel durch verkaufen stattfindet, kann ein neuer Eigentümer zwar auch verkaufen, jedoch bleibt hiervon das Nießbrauchrecht des Begünstigten unberührt bis zu seinem Tod. Hierdurch wird der Nießbrauch zu einer sehr umfangreichen Regelung , die dem Begünstigten eine weitreichende Nutzung ermöglicht, im Unterschied zum Wohnrecht. Er ist jedoch dazu verpflichtet, z. B. eine Wohnung im Sinne des Eigentümers gut zu pflegen und auch zu versichern sowie gut zu wirtschaften. Im Regelfall muss er auch alle anfallenden Lasten für die Zeit seiner Nutznießung tragen.

Wann ist der Nießbrauch vorteilhaft ?

Sinnvoll ist ein Nießbrauch immer dann, wenn ein Begünstigter den Gegenstand des Nießbrauchs wirtschaftlich nutzen möchte, wie z. B. durch eine Vermietung. Dieses Recht steht ihm bei einem reinen Wohnrecht nicht zu, da dies nur zum selbst wohnen ermächtigt. Überträgt ein Eigentümer z.B. eine Wohnung und behält sich ein Nießbrauchsrecht vor, so behält er sich also alle wirtschaftlichen Rechte am Gegenstand des Nießbrauchs vor.

Dabei bietet der Nießbrauch dann eben auch Vorteile, wenn der Nießbraucher z. B. in eine Pflegeeinrichtung ziehen muss, denn er kann die Immobilie vermieten. Außerdem kann der Schenkende auch entscheiden, nur noch einen Teil der Immobilie selbst zum Wohnen zu nutzen und den Rest vermieten. Dies ist bei einem reinen Wohnrecht nicht möglich. Wenn ein Wohnrechtsberechtigter in ein Pflegeheim umziehen muss, ist davon auszugehen, dass er sein Wohnrecht dauerhaft aufgibt.

Beachten Sie...

Da es jedoch nicht sinnvoll ist, dass eine Immobilie dann leer steht, sollte beim Wohnrecht vertraglich vereinbaren, dass dieses erlischt, wenn der Begünstigte auszieht.

Welche Unterhaltspflichten hat der Begünstigte bei Nießbrauch und Wohnrecht ?

Sowohl der Nießbrauch als auch das Wohnrecht sind immer mit einer Pflicht zum Unterhalt der Immobilie verbunden. Dabei muss der Begünstigte bzw. Schenkende, sofern vertraglich nichts anderes vereinbart wurde, die laufenden Unterhaltungskosten tragen. Außergewöhnliche oder nicht nutzungsbedingte Unterhaltungs- und Reparaturkosten muss jedoch der Eigentümer übernehmen.

Die steuerliche Behandlung von Wohnrecht und Nießbrauch

Wohnrechte oder auch Nießbrauchrechte sind in Geld bewertbar. Hierbei kann dies z. B. die gesparte Miete sein oder aber auch die Einnahmen aus einer Vermietung oder Verpachtung. Dabei wird beim Schenken oder auch einer Erbschaft immer auch eine Meldung an das Finanzamt notwendig, denn der Begünstigte muss ggf. für eine Erbschaft oder Schenkung auch Erbschafts- oder Schenkungssteuer bezahlen.

Hierbei berechnet das Finanzamt die ersparte Miete mit einer Hochrechnung anhand des Barwertes. Dabei handelt es sich um den Wert der Summe aller künftigen gesparten oder eingenommenen Mieten, die auf den heutigen Tag abgezinst werden. Es wird also der der Wert des lebenslangen Wohnrechts oder Nießbrauchs ermittelt, der dann als Jahreswert für eine Besteuerung berücksichtigt wird. Für den Fall, dass die Immobilie vermietet ist, ist dies der Jahreswert der Mieteinnahmen.

Danach wird der Jahreswert nun mit einem Faktor multipliziert, dessen Höhe sich aus dem Bewertungsgesetz in Verbindung mit den Sterbetafeln des Statistischen Bundesamtes. Dabei hängt dieser sowohl vom Alter als auch vom Geschlecht der betreffenden Person bzw. dem Schenkenden ab. Dieser fällt umso höher aus, je jünger die Person ist, da die voraussichtliche Lebenserwartung maßgeblich ist. Der Jahreswert multipliziert mit dem Faktor ergibt dann den zu versteuernden Barwert eines Nießbrauch- oder Wohnrechts.

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Der Nießbrauch und das Wohnrecht bei Schenkungen zu Lebzeiten

Eine Schenkung zu Lebzeiten ermöglicht es grundsätzlich, den Vermögenswert einer Immobilie schon frühzeitig auf die angedachten Erben zu übertragen. Dabei macht dies immer Sinn, wenn der Wert des Nachlasses inklusive des Hauses die Schenkungs- und Erbschaftssteuer Freibeträge der Erben übersteigt. Den Erben lässt sich so die Steuerlast nehmen oder sie zumindest mindern.

Wenn dies mit einer Auflage in Form eines Nießbrauchs oder Wohnrechts beschwert wird, spricht man von einer Teilschenkung oder auch gemischten Schenkung. Dabei wird diese dann steuerlich in einen durch Auflage bezahlten Teil sowie einen kostenfreien Teil aufgespalten. Hierbei muss dann der kostenfreie Teil wie bei einer Vollschenkung auch besteuert werden. Ferner muss eine Immobilienschenkung auch immer durch einen Notar beglaubigt werden. Dabei kann die Steuerlast für die Nachfahren gemindert werden oder sogar vollständig entfallen.

Beispiel

Ein Nachlass umfasst insgesamt 600.000 Euro, wovon 500.000 Euro durch das Familienheim dargestellt werden. Als Erbe kommt der einzige Sohn in Frage, der als Kind einen Freibetrag von 400.000 € geltend machen kann. In diesem Fall müssten die 100.000 Euro Differenz versteuert werden. Für den Fall, dass das Familienheim jedoch mit einem Nießbrauch zugunsten der Eltern belastet wird, wird der Jahreswert des Hauses mit dem entsprechenden Wert der „Vervielfältigertabelle“ des BMF verrechnet und dieser Betrag wird zusätzlich abgezogen bei der steuerpflichtigen Schenkung. Dadurch kann die Steuerlast entweder gesamt entfallen oder aber deutlich reduziert werden.

Es gibt jedoch auch Fälle, bei denen zwischen einen Wohnrecht und einem vollen Nießbrauch unterscheiden werden muss, wenn sich die Rechte auf ein komplettes Objekt beziehen. Hierbei kann beim Nießbrauch die grundsätzliche 10- Jahresfrist bei der Anrechnung von Schenkungen zu einem Erbe betroffen sein, da diese dann erst mit der Beendigung des Nießbrauchs zu laufen beginnt. Dies spielt immer dann eine Rolle, wenn ggf. sogenannte Pflichtteilsergänzungsansprüche nach § 2325 BGB zu berücksichtigen sind, für die eine Schenkung mit Nießbrauch voll berücksichtigt wird, auch wenn sie schon länger als 10 Jahre getätigt wurde.

Wie kann ein Anwalt für Erbrecht beim Nießbrauch oder Wohnrecht helfen?

Bei einer Vermögensübertragung mit der Auflage eines Wohnrechts oder Nießbrauchs sollte man sich im Vorfeld immer von einem erfahrenen Anwalt für Erbrecht beraten lassen. Wie bereits aufgezeigt kann es individuellen Fällen gute Gründe geben, den einen oder anderen Weg zu wählen. Ein Anwalt für Erbrecht kann hierbei den individuellen Fall und die Wünsche prüfen und Vorschläge für eine optimale Lösung für Schenkende oder Erblasser machen.

Ferner kann er natürlich auch den steuerwerten Vorteil aus verschiedenen Varianten berechnen bei einer Schenkung und er kann prüfen, ob bei einen vollständigen Nießbrauch ggf. später Pflichtteilsergänzungsansprüche enterbter Verwandter entstehen können. Zusätzlich wird ein Anwalt für Erbrecht natürlich auch einen maßgeschneiderten und rechtssicheren Vertrag und die entsprechenden Rechte aufsetzen und eine notarielle Beglaubigung organisieren. Außerdem wird er auch überwachen, dass eine rechtssichere Grundbucheintragung vollzogen wird. Lassen Sie sich beraten von einem erfahrenen Anwalt für Erbrecht zum Thema Wohnrecht oder Nießbrauch.

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FAQ: Nießbrauch oder Wohnrecht

Der Unterschied besteht vorwiegend darin, dass das Wohnrecht nur das Recht beinhaltet, eine Immobilie persönlich zu bewohnen. Während das Nießbrauchrecht darüber hinaus das Recht gewährt, auch die Nutzungen (Früchte) aus dem Objekt zu ziehen.
Für die Berechnung des Lebenslangen Wohnrechts wird die Kaltmiete pro Jahr multipliziert mit der Restlebensdauer und dann multipliziert mit dem Abzinsungsfaktor. Der Wert für das lebenslange Wohnrecht (Barwert) wird vom Immobilienwert abgezogen, womit sich der Auszahlungsbetrag ergibt.

Wer durch ein Nießbrauchrecht Mieteinnahmen hat, muss diese versteuern. Dafür darf er bestimmte Werbungskosten von den Einnahmen abziehen. Wichtig: Ein Recht auf Nießbrauch kann nicht verkauft oder vererbt werden. Es erlischt daher in der Regel mit dem Tod der Nießbraucher.

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Ein Beitrag unserer juristischen Redaktion

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