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Gesetzliche Erbfolge Ehegatte – Rechtslage & Besonderheiten

Nach dem deutschen Erbrecht kann jeder Erblasser seine Erben selbst bestimmen. Für den Fall jedoch, dass jemand ohne ein Testament oder einen Erbvertrag verstirbt, gilt in Deutschland die gesetzliche Erbfolge, nach der insbesondere der eigene Ehegatte und die eigenen Kinder beim Erbe berücksichtigt werden. In diesem Beitrag wollen wir Ihnen insbesondere die gesetzliche Erbfolge Ehegatte näher erläutern und dabei auch aufzeigen, wie die Ansprüche daraus durch verschiedene Rahmenbedingungen beeinflusst werden.
Inhaltsverzeichnis

Rechtslage: Gesetzliche Erbfolge Ehegatte & Erbanspruch von Ehegatten

Wenn Ehegatten keinen Ehevertrag abgeschlossen haben, leben sie in Deutschland in einer sogenannten Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Hierbei bleiben dann die jeweiligen Vermögen der Eheleute auch während der Ehe getrennt.

Für den Fall jedoch, dass ein Ehegatte stirbt oder eine Ehe geschieden wird, wird ein Zugewinnausgleich durchgeführt. Alternativ kann ein Ehepaar jedoch auch eine den Güterstand der Gütertrennung oder Gütergemeinschaft für die Ehe vereinbaren.

Generell erbt ein überlebender Ehegatte neben den Kindern grundsätzlich zunächst ein Viertel des Nachlasses des verstorbenen Ehegatten gemäß § 1931 Abs. 1 BGB und nicht ehelichen Kindern steht dasselbe Erbrecht zu wie den ehelichen Kindern.

Erbe des Ehegatten in einer Zugewinngemeinschaft

Für den Fall, dass die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben, erhält der überlebende Ehepartner ein weiteres Viertel des Erbes als sogenannten pauschalen Zugewinnausgleich nach § 1931 Abs. 3 BGB und § 1371 BGB. Dadurch steht ihm also die Hälfte des gesamten Nachlasses seines verstorbenen Ehegatten zu. Durch diese Regelung sollen langwierige Streitigkeiten über eine angemessene Höhe des Zugewinnausgleichs vermieden werden.

Fallbeispiel Ehefrau & 2 Kinder

Hans Kröger verstirbt und hinterlässt seine Ehefrau Anna und die beiden Kinder Karina und Robert. Für die Ehe bestand kein Ehevertrag und das Ehepaar hat somit im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt. Da kein Testament oder Erbvertrag vorhanden ist, erbt Anna die Hälfte des Nachlasses ihres Mannes und die beiden Kinder jeweils ein Viertel.

Kinderlose Ehe

Für den Fall, dass eine Ehe kinderlos geblieben ist und die Ehegatten ebenfalls im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben, erhält der überlebende Ehegatte drei Viertel des Nachlasses des verstorbenen Ehegatten. In diesem Fall haben auch die Erben zweiter Ordnung einen Anspruch auf einen Erbteil. Hierbei sind dies als Verwandte die Eltern und die Geschwister des Erblassers, die sich das restliche Viertel des Nachlasses teilen.

Fallbeispiel kinderlose Ehe

Hans Kröger verstirbt und hinterlässt seine Ehefrau Anna. Die Ehe blieb kinderlos, allerdings leben die Eltern von Hans Kröger noch, er hatte jedoch keine Geschwister. Für die Ehe mit Anna galt der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft. In diesem Fall erbt Anna drei Viertel des Nachlasses von ihrem Mann und die Eltern von Hans Kröger jeweils ein Achtel des Nachlasses. Für den Fall, dass die Eltern bereits verstorben wären und Geschwister als Verwandte vorhanden wären, würden diese als Erben 2. Ordnung das letzte Viertel des Nachlasses erhalten und unter sich aufteilen, unabhängig davon, wie das Verhältnis zum Erblasser zu dessen Lebzeiten war.

Erbe des Ehegatten bei vereinbarter Gütertrennung

Für den Fall, dass Ehegatten in einem Ehevertrag eine Gütertrennung als Güterstand vereinbart haben, entfällt grundsätzlich der pauschale Zugewinnausgleich. In diesem Fall gilt dann die ganz normale gesetzliche Erbfolge, bei der der Ehegatte neben den Verwandten der ersten Ordnung (Kinder und Enkel) ein Viertel des Nachlasses erbt und neben den Verwandten der zweiten Ordnung (Eltern, Geschwister des Erblassers) die Hälfte des Nachlasses. Falls jedoch keine Verwandten der ersten oder zweiten Ordnung und auch keine Großeltern des Erblassers vorhanden sind, so geht die gesamte Erbschaft auf den überlebenden Ehegatten über.

ACHTUNG!

Wenn ein Erblasser bei Gütertrennung neben dem Ehegatten noch ein oder zwei Kinder hinterlässt, so erben die Kinder jeweils genauso wie der Ehegatte den gleichen Teil der Erbschaft nach § 1931 Abs. 4 BGB. Für den Fall jedoch , dass der Erblasser neben dem Ehegatten drei oder mehr Kinder hinterlässt, erbt der Ehegatte immer ein Viertel des Nachlasses. Dadurch wird gewährleistet, dass der Erbteil eines Ehegatten nicht geringer sein kann, als der eines erbberechtigten Kindes.

Das Erbe des Ehegatten in einer Gütergemeinschaft

Falls ein Ehepaar eine Gütergemeinschaft in einem Ehevertrag vereinbart hat, steht dem überlebenden Ehegatten zunächst immer die Hälfte des dann gemeinsamen Vermögens zu. Zusätzlich erhält er von der Vermögenshälfte des Erblassers im Erbfall dann noch ein Viertel, wenn Kinder vorhanden sind. Wenn keine Kinder da sind, erhält der überlebende Ehegatte die Hälfte des Erbteils, falls nur Erben der zweiten Ordnung oder noch Großeltern des Erblassers als Verwandte vorhanden sind. Sind auch in der zweiten Ordnung keine Erben vorhanden, so erbt der Ehegatte die gesamte Hälfte des verstorbenen Ehepartners.

Wann kann für einen Ehegatten eine Ausschlagung des Erbes sinnvoll sein?

In besonderen Fällen kann es für einen überlebenden Ehegatten günstiger sein, ein Erbe des Ehegatten auszuschlagen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der reale Zugewinn sehr hoch ist im Einzelfall. Für den Fall, dass der verstorbene Ehegatte ein großes Vermögen weitgehend alleine während der Ehe aufgebaut hat, übersteigt der reale Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns regelmäßig den gesetzlich vorgesehenen Zugewinnausgleich.

Hierbei kann dann also der überlebende Ehegatte das Erbe ausschlagen und den realen Zugewinnausgleich verlangen plus dem sogenannten Pflichtteil. Dabei wird dann die Forderung nach dem realen Zugewinnausgleich vom Nachlass abgezogen. Für den Fall, dass man eine derartige Erbschaft ausschlagen möchte, muss man dies innerhalb von 6 Wochen nach dem Eintritt des Erbfalls erklären. Außerdem sollte man sich hierzu immer von einem erfahrenen Anwalt für Erbrecht beraten lassen.

Was passiert mit der gesetzlichen Erbfolge Ehegatte bei einer Scheidung?

Wenn eine Ehe rechtskräftig geschieden wurde, hat ein geschiedener Ehegatte kein Erbrecht mehr am Nachlass seines verstorbenen Ex-Ehepartners. Dies gilt auch für den Pflichtteil. Das gleiche gilt auch, wenn zum Zeitpunkt des Ablebens des Ehegatten bereits die Voraussetzungen für eine Scheidung der Ehe gegeben waren und der verstorbene Ehepartner bereits die Scheidung eingereicht hat oder dieser zugestimmt hatte gemäß § 1933 BGB.

Außerdem gelten auch Anordnungen in einem Testament des Erblassers, die er zugunsten des Ehepartners getroffen hat, nach einer rechtskräftigen Scheidung nicht mehr. Für den Fall, dass der geschiedene Ehepartner Anspruch auf einen Unterhalt vom ehemaligen Ehepartner hatte, so kann er diesen Unterhalt dann auch von den Erben weiterhin verlangen nach § 1586b BGB. Dabei ist er jedoch in seiner Forderungshöhe nach dem BGB begrenzt und kann nicht mehr verlangen als den üblichen Pflichtteil, der ihm bei einer weiterhin bestehenden Ehe zugestanden hätte.

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Besonderheiten im Zusammenhang mit der gesetzlichen Erbfolge Ehegatte

Im Rahmen der Nachlassverteilung bei der gesetzlichen Erbfolge Ehegatte existieren einige Sonderregelungen, die besondere Privilegien für den überlebenden Ehegatten vorsehen. Hierbei handelt es sich einerseits um den sogenannten „Voraus“, der dem überlebenden Ehegatten zusteht sowie auch das „Recht des Dreißigsten“. Diese beiden Sonderrechte sollen im Folgenden näher erläutert werden.

Der “Voraus“ für den überlebenden Ehegatten

Ein überlebender Ehegatte hat zusätzlich zu seinem gesetzlichen Erbteil auch einen Anspruch auf den sogenannten “Voraus“, der ein Recht auf den Hausrat meint, der zum ehelichen Hausstand gehört hat. Hierbei hängt es jedoch davon ab, wer außer dem überlebenden Ehepartner noch erbberechtigt ist um festzulegen, ob der überlebende Ehepartner eben den gesamten Hausstand bekommt oder nur einen Teil davon gemäß § 1932 BGB.

Für den Fall, dass der Erblasser auch Kinder oder Enkelkinder hat, kann der überlebende Ehepartner nur die Gegenstände verlangen, die zu einer angemessenen Haushaltsführung benötigt werden. Hierzu gehören z.B. die Möbel und auch das Familienfahrzeug, nicht jedoch Luxusartikel, die dann in den allgemeinen Nachlass fallen.

Wenn jedoch eine Ehe kinderlos geblieben ist und nur Erben zweiter Ordnung vorhanden sind, steht der gesamte Hausrat ausschließlich dem überlebenden Ehegatten zu, inklusive dann auch der wertvollen Einrichtungsgegenstände, wie z.B. Antiquitäten oder wertvolle Gemälde. Grundsätzlich besteht ein Anspruch auf diesen „Voraus“ jedoch nur, wenn die gesetzliche Erbfolge auf den Erbfall angewendet wird. Für den Fall, dass z. B. ein rechtswirksames Testament vorliegt, muss ein Erblasser auch ggf. durch ein Vermächtnis festlegen, wer welche Dinge aus dem Hausrat nach seinem Tod erhalten soll.

Das Recht des Dreißigsten

Mit dem „Recht des Dreißigsten“ werden die Erben eines Erblassers gesetzlich verpflichtet, einem überlebenden Ehepartner, der bis zum Tod des Erblassers mit diesem in einem Haushalt lebte, zu erlauben, bis zu 30 Tage nach dem Eintritt des Erbfalls die eheliche Wohnung oder das Haus noch weiter zu nutzen. Außerdem müssen auch die Erben für diesen Zeitraum einen Unterhalt für den überlebenden Ehepartner weiterzahlen, wenn dieser vorher auch vom verstorbenen Ehepartner gewährt wurde. Von diesem Gesetz profitiert übrigens nicht nur ein überlebender Ehepartner sondern auch jeder Familienangehörige, der mit dem Erblasser bis zuletzt in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat, also auch ein nichtehelicher Lebenspartner.

Wie kann ein Anwalt für Erbrecht bei der gesetzlichen Erbfolge Ehegatte helfen?

Gerade bei der gesetzlichen Erbfolge Ehegatte kann die Beratung durch einen erfahrenen Anwalt für Erbrecht durchaus hilfreich sein. Dabei bietet sich diese immer an, wenn neben dem überlebenden Ehepartner auch noch weitere Erben erbberechtigt sind und diese alle gemeinsam eine Erbengemeinschaft bilden. Hierbei muss dann diese Erbengemeinschaft gemeinsam über den Nachlass entscheiden und eine Erbauseinandersetzung herbeiführen. Dies ist in vielen familiären Situationen eine konfliktträchtige Angelegenheit und ein Anwalt für Erbrecht kann in diesen Fällen zwischen den beteiligten Parteien vermitteln und über die Möglichkeiten der Erbauseinandersetzung aufklären.

Ferner kann ein Anwalt seinen Mandanten natürlich auch bei Gericht vertreten, falls eine einvernehmliche Lösung nicht möglich ist. Außerdem kann ein Anwalt einen überlebenden Ehepartner natürlich auch beraten, ob ggf. die Ausschlagung eines Erbes sinnvoll ist, um über einen realen Zugewinnausgleich ein vorteilhaftes Erbe erreichen zu können. Lassen Sie sich beraten von einem erfahrenen Anwalt für Erbrecht zum Thema gesetzliche Erbfolge Ehegatte.

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FAQ: Gesetzliche Erbfolge von Ehegatten

Ohne einen letzten Willen gilt automatisch die gesetzliche Erbfolge. Diese erlaubt den Ehepartner als Alleinerben nur dann, wenn es keine anderen gesetzlich festgelegten Erben – Kinder, Enkel, Eltern, Großeltern des Erblassers – mehr gibt.
Der überlebende Ehepartner bekommt nur einen Teil des Nachlasses. Ohne Testament oder Erbvertrag erbt ein überlebender Partner nach gesetzlicher Erbfolge zunächst immer ein Viertel des Nachlasses. Hat man in einer Zugewinngemeinschaft gelebt, erhöht sich der Erbteil des überlebenden Partners auf die Hälfte.
Bei kinderlosen Ehen gilt der überlebende Ehegatte bei gesetzlicher Erbfolge als Erbe, und zwar gemeinsam mit den Eltern des Verstorbenen. Was viele Betroffene nicht im Blick haben: Sollten die Eltern bereits verstorben sein, erben die Geschwister oder gegebenenfalls die Nichten und Neffen.
Ein Beitrag unserer juristischen Redaktion
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