Für den Fall, dass ein Erblasser einen erbberechtigten Angehörigen enterben will, wird oftmals die Frage gestellt, ob dies „wegen grobem Undank“ möglich ist. Deshalb wollen wir Ihnen in diesem Beitrag näher erläutern, wie eine Enterbung stattfinden kann und aus welchen Gründen auch ein Pflichtteilentzug beim Erbe möglich ist. Ferner erläutern wir Ihnen auch, welche gesetzlich anerkannten Gründen zu einer vollständigen Enterbung führen können und ob auch eine Enterbung wegen grobem Undank möglich ist.
Häufig überlegen Erblasser, die über Familienmitglieder sehr enttäuscht sind, wie sie diese Angehörigen vollständig von ihrem Erbe ausschließen können.
Dabei spricht man auch von einer in § 2339 Abs. 1 Nr. 1 Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) definierten Erbunwürdigkeit, die in zweierlei Fällen zum Tragen kommen kann. Dabei kann diese einerseits relevant sein, wenn ein Erblasser schon vor seinem Tode einen Angehörigen, den er für erbunwürdig hält, von seinem Erbe derart ausschließen will, dass dieser überhaupt nichts aus seiner Erbschaft bekommt, nicht mal den Pflichtteil.
In einigen Fällen verfasst ein Erblasser nur deshalb ein Testament, um insbesondere undankbare oder unwürdige Angehörige von seinem Erbe auszuschließen. Damit möchte er zumeist die betreffende Person vollständig von der Teilhabe an seinem Nachlass entfernen. Generell kann ein Erblasser in seinem Testament frei entscheiden, wem er sein Vermögen vererben will. Deshalb kann er auch Angehörige von seinem Erbe einfach ausschließen, indem er das Vermögen anderen Personen vermacht. Dadurch hat er schon eine effektive Enterbung vollzogen. Somit kann er also auch Angehörige mit einer Erbenstellung nach dem Gesetz faktisch enterben, ohne dafür eine Begründung liefern zu müssen. Hierbei kann er einen Nachkommen also immer auf diesem Wege enterben, jedoch ist etwas anderes, als das Gesetz unter Erbunwürdigkeit versteht.
In dieser Konstellation geht es darum, ob ein Nachkomme unwürdig ist, einen Pflichtteil zu bekommen. Liegt dafür einer der gesetzlichen Gründe vor, kann der Erblasser per Testament verfügen, dass dieser Pflichtteil dem Kind oder Enkel entzogen wird. Es handelt sich also nicht um den Fall der „echten“ Erbunwürdigkeit, denn, wen der Erblasser als Erbe einsetzt und wen nicht, steht ihm ohnehin frei.
Durch diese Vorgehensweise im Testament bedeutet das Enterben auch nicht, dass der entsprechende Angehörige vollständig leer ausgeht, da z. B. den Kindern oder auch dem Ehepartner immer ein Pflichtteil zusteht, auch bei einer Enterbung. Will man dem unwürdigen Angehörigen auch diesen Pflichtteil entziehen, sind hierfür allerdings die gesetzlichen Möglichkeiten sehr eng gesteckt. Dabei sind diese Voraussetzungen auf die gesetzlich festgelegten Gründe für eine Erbunwürdigkeit beschränkt, die in § 2333 BGB geregelt sind.
Hierbei müsste z. B. ein Kind dem Erblasser oder einer ihm nahestehenden Person nach dem Leben getrachtet haben, eine sehr schwere Straftat begangen haben, die Auswirkungen auf den Erblasser hat oder aber vorsätzlich und böswillig seine Unterhaltsverpflichtungen gegenüber dem Erblasser verletzt haben. Weitere Vorfälle und Tatbestände reichen für eine Entziehung des Pflichtteils nicht aus, somit ist auch grober Undank kein hinreichender Grund für einen Pflichtteilsentzug beim Erbe. Liegt jedoch einer dieser Gründe vor, so muss ein Erblasser in seinem Testament ausdrücklich den Entzug des Pflichtteils anordnen, dies auch im Testament begründen und die entsprechenden Gründe belegen.
Die gesetzlich definierte Erbunwürdigkeit ist in §§ 2339 ff. BGB geregelt und bezieht sich im allgemeinen auf eine Situation nach Eintritt des Erbfalls bereits eingetreten. Danach verliert ein Erbe seine Erbwürdigkeit und damit rückwirkend seine Erbenstellung wenn einer der folgenden schwerwiegenden Gründe vorliegt. Jedoch reichen auch in diesem Fall grober Undank oder geringfügige Verfehlungen nicht aus:
Hierbei macht sich ein Erbe z. B. auch wegen einer Urkundenunterdrückung strafbar, wenn er ein Testament, obwohl er Kenntnis vom Tod des Erblassers hat, nicht beim Nachlassgericht abliefert. Jedoch verliert ein Erbe bei einem der beschriebenen Fälle auch nicht automatisch seine Erbenstellung. Hierbei muss immer die Erbunwürdigkeit durch eine Anfechtung der Erbenstellung mit einer Anfechtungsklage erst festgestellt werden.
Nach dem Tod eines Erblassers wird ein Testament gefunden, indem der Erblasser seinen Nachbarn zum Alleinerben einsetzt. auf. Als die beiden Kinder des Erblassers feststellen, dass dieses Testament aufgrund von Drohungen durch den Nachbarn verfasst wurde, fechten die Kinder die Erbenstellung des Nachbarn wegen Erbunwürdigkeit an. Da das Gericht die Erbunwürdigkeit bestätigt, werden die beiden Kinder zu den rechtmäßigen gesetzlichen Erben.
Dabei ist jeder zur Anfechtung berechtigt, der aus dem entsprechenden Nachlass etwas enthalten würde, wenn der entsprechende Erbe für erbunwürdig erklärt werden würde. Für den Fall, dass ein rechtskräftiges Urteil ergeht, das die Erbunwürdigkeit bestätigt, so wird rückwirkend auf den Zeitpunkt des Erbfalls der Nächste aus der Erbfolge der rechtmäßige Erbe. Auch für den Fall, dass ein gesetzlicher Erbunwürdigkeitsgrund bei einem Pflichtteilsberechtigten oder einem Vermächtnisnehmer vorliegt, kann man ebenfalls die entsprechen Ansprüche anfechten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein Erblasser jeden Angehörigen in einem Testament oder Erbvertrag enterben kann, ohne dies begründen zu müssen. Jedoch eliminiert dies nicht den Pflichtteilsanspruch. Deshalb ist wegen grobem Undank eben keine vollständige Enterbung möglich, sondern ein Pflichtteilsentzug muss immer durch gesetzlich definierte, schwerwiegende Gründe gerechtfertigt sein.
Hingegen ist dies bei Schenkung im Rahmen einer vorweggenommen Erbfolge anders gelagert. Hierbei ist grober Undank durchaus ein legitimer Grund für den Widerruf einer Schenkung, die bereits zu Lebzeiten erfolgte. Dies soll im folgenden näher erläutert werden.
Für den Fall, dass ein zukünftiger Erblasser sein Vermögen oder einen Teil davon bereits zu Lebzeiten an eine dritte Person durch eine Schenkung weitergegeben hat, dann passiert es nicht selten, dass man diese Entscheidung zu einem späteren Zeitpunkt bereut. Besonders wenn mit der Übertragung des eigenen Vermögens Erwartungen an den Beschenkten verbunden waren und diese Erwartungen dann enttäuscht wurden, besteht unter Umständen die Möglichkeit, die Vermögensübertragung auch wegen grobem Undank wieder rückgängig zu machen.
Dabei können Schenkungen im Allgemeinen wegen einer Verfehlung des Beschenkten grundsätzlich wieder rückgängig gemacht werden. Hierbei sollte der Widerruf einer Schenkung jedoch immer schriftlich erfolgen. Hat jedoch der Schenkende bereits eine Verzeihung ausgesprochen oder sind Fristen abgelaufen, kann kein Widerruf mehr erfolgen. Grundsätzlich ist die Rückabwicklung einer Schenkung, wenn man sich diese in einem Schenkungsvertrag vorbehalten hat. Dabei werden häufig solche Rückabwicklungsklauseln für den Fall eingesetzt, dass der Beschenkte vor dem Schenkenden verstirbt, für den Fall einer Scheidung oder für den Fall eines geplanten Verkaufs durch den Beschenkten.
Für den Fall, dass man keine Möglichkeit zur Rückabwicklung der Schenkung im Schenkungsvertrag vereinbart hat, gibt es zusätzlich auch gesetzliche Möglichkeiten, diese zu realisieren. Hierbei kann z. B. eine Schenkung nach § 530 BGB widerrufen werden, wenn sich der Beschenkte aufgrund einer schweren Verfehlung dem Schenker oder einer ihm nahestehenden Person des groben Undanks schuldig gemacht hat.
Hierbei werden von den Gerichten z. B. als schwere Verfehlung körperliche Misshandlungen, grundlosen Strafanzeigen, schwere Beleidigungen oder auch Bedrohungen anerkannt. Ferner kann eine schwere Verfehlung auch dann vorliegen, wenn der Beschenkte sich weigert, vereinbarte Pflichten, wie z. B. das Einräumen eines Wohnrechts, zu erfüllen.
Dabei ist jedoch vorausgesetzt, dass es sich im konkreten Falle auch tatsächlich um eine Schenkung im Sinne des § 516 BGB handelt, die immer eine unentgeltliche Zuwendung meint. Jedoch können auch die sogenannten gemischten Schenkungen, bei denen nur ein Teil des Vermögens unentgeltlich übertragen werden, wegen grobem Undank widerrufen werden. Hingegen ist der Widerruf einer Schenkung dann ausgeschlossen, wenn der Schenker dem Beschenkten das Fehlverhalten verziehen hat oder wenn bereits ein Jahr vergangen ist, seit der Schenkers Kenntnis von seinem Widerrufsrecht erlangt hat nach § 532 BGB.
Sowohl bei Themen rund um das vererben als auch bei Schenkungen, kann es vorkommen, dass getroffene Entscheidungen oder gesetzlich vorgesehene Regelungen zum eigenen Erbe nicht mehr den Vorstellungen eines Erblassers oder Schenkers entsprechen. Dabei müssen im Falle einer Enterbung jedoch keine besonderen Gründe angeführt werden für die eigene Entscheidung, dies ist nur bei einem Pflichtteilsentzug notwendig.
Jedoch sollte man sich in allen Fällen zunächst einmal mit einem erfahrenen Anwalt für Erbrecht hierzu beraten. Ein Anwalt kann dann im individuellen Fall prüfen, welche Möglichkeiten es zu einer Enterbung gibt oder auch, ob rechtmäßige Gründe für die Rückabwicklung einer Schenkung vorliegen. Natürlich kann ein Anwalt für Erbrecht auch einen Betroffenen Erben oder Beschenkten beraten, der sich gegen eine Enterbung oder einen Widerruf einer Schenkung zur Wehr setzen will. Lassen Sie sich beraten zum Thema Enterbung oder auch zum Widerruf einer Schenkung wegen grobem Undank.
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